[Meinung] Die deutsche Feigheit gegenüber China - von Chefkommentator Jacques Schuster

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#1 國民黨孫大砲
04/09/19 12:34

Die deutsche Feigheit gegenüber China

Wir scheinen uns mehr um jeden Baum dies- und jenseits des Äquators zu sorgen als um die Menschen in Hongkong. Warum schaut die Bundeskanzlerin auf ihrer China-Reise nicht dort vorbei? Der Grund für ihr Fernbleiben ist leicht benannt.

Wenn es um Hongkong geht, erinnert Außenminister Heiko Maas an Gogols Iwan Chlestakow in der Komödie „Der Revisor“. Chlestakow gähnt anzüglich und sagt: „Ich fühle es, ich werde mich mit etwas Erhabenem beschäftigen müssen.“ In den Worten des Außenministers klingt es mit Blick auf Hongkong wie folgt: „Die Dinge eskalieren immer mehr. Deswegen kann man nur appellieren, dass sich alle Seiten zurücknehmen.“

Da ist es wieder – das entschiedene Sowohl-als-auch, das der Außenminister und mit ihm das gesamte Bundeskabinett an den Tag legen, bekommen sie es mit einem Riesen wie der Volksrepublik China zu tun. Deutsche Politiker nehmen den Mund gern voll, wenn sie aus einem moralischen Größenwahn heraus besonders den westlichen Partnern Lektionen erteilen oder sich mit dem wichtigsten Verbündeten des Landes, den Vereinigten Staaten von Amerika, anlegen.

In dem Augenblick aber, in dem sie Farbe bekennen und die Folgen ihrer Reden fürchten müssen, ducken sie sich weg. Viele Worte gibt es für dieses Gebaren: Leisetreterei, Duckmäusertum, Heuchelei. Man mag es nennen, wie man will, es bleibt eine Schande!

In Hongkong werden mittlerweile täglich Menschen von der Straße weg in die Wagen des Geheimdienstes gezerrt und eingekerkert, nur weil sie gewagt haben, Peking an die Rechte zu erinnern, die es mit Großbritannien 1984 vereinbart hat. Im dreißigsten Jahr des Tiananmen-Massakers veröffentlicht die chinesische Propagandamaschine gezielt Fotos von in Hongkong aufmarschierenden Soldaten. Chinas Kommunisten sagen der Welt damit: Jederzeit können wir unseren Wohnsitz von Sodom nach Gomorra verlegen. Sprich: Das Blutbad auf dem „Platz am Tor des Himmlischen Friedens“ von 1989 werden wir täglich und überall erneut anrichten, sollte es nötig sein.

Und die deutsche Politik? Um jeden sterbenden Baum dies- und jenseits des Äquators sorgt sie sich mehr als um die bedrohten Männer, Frauen und Kinder in Hongkong. Sie wägt Gründe und Gegengründe, mahnt und rät und sucht, die eine wie die andere Seite zu mäßigen, als ob es sich um gleich starke Gegner handeln würde, die beide dasselbe Maß an Verantwortung für ihr Verhalten trügen. Ansonsten freut sie sich an den Milliardengewinnen, die die deutsche Wirtschaft im Fernen Osten einstreicht.

Das Schweigen der deutschen Wirtschaft

Warum ändert die Bundeskanzlerin, die angeblich mächtigste Frau der Welt, nicht ihre Reiseroute, wenn sie am Donnerstag nach China aufbricht? Sie könnte nach Peking die Stadt Wuhan sausen lassen, um anstelle dessen nach Hongkong zu fliegen. Der Grund für ihr Fernbleiben ist leicht benannt: Geschäftsinteressen. Unter keinen Umständen dürfen diese gefährdet werden.

Wann hat man eigentlich das letzte Mal etwas von den Dax-Unternehmen und den deutschen Arbeitgeberverbänden zu den Ereignissen in Hongkong gehört, etwas jedenfalls, das über saft- und kraftloses Gewäsch hinausgeht? Dass die deutsche Wirtschaft in misslicher Tradition vor Russland kuscht, wissen wir seit dem Rapallo-Vertrag von 1922. Dies ist armselig genug, doch es genügt offenbar nicht.

Mit Blick auf die Volksrepublik China gilt für die deutsche Wirtschaft das, was Konrad Adenauer über Ludwig Erhard sagte: „Nageln Sie mal einen Pudding an die Wand.“ Und in der Tat: Es lässt sich schwer aus der Haut fahren, wenn das Rückgrat fehlt.

Nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs redeten sich die Deutschen jahrelang die Köpfe über die eigenen Versäumnisse in der zweiten Phase der Entspannungspolitik heiß. Sie kritisierten den linken Nationalisten Egon Bahr zu Recht dafür, dass er seine Ostpolitik stets als Kabinettspolitik begriff, zeitlebens auf den Freiheitswunsch der Menschen pfiff und mit Antidemokraten kungelte. Nie, nie wieder sollte Derartiges geschehen! Die Worte waren in den Wind geredet und auf Sand geschrieben. Nichts, rein gar nichts haben sie daraus gelernt. Wenn es um Großmächte geht, die im Zweifelsfall gefährlich werden können, gilt noch immer allein das Streben nach Ruhe und Ordnung – und sei es auch nur die der Gräberfelder.

Die Europäische Union ist nicht anders. In loderndem Zorn zeigt Europas „Außenministerin“ Federica Mogherini ihre Zähne, wenn es darum geht, sich von Washingtons Iranpolitik abzusetzen – umso diplomatischer wird sie, kommt sie auf China zu sprechen. Eine harte Verurteilung der Volksrepublik hat man aus ihrem Mund noch nie gehört. Sicher, die EU ist keine Kraft, die internationale Entwicklungen maßgeblich gestalten kann, im Umgang mit China verzwergt sie jedoch auf atemberaubende Weise.

Schlimmer noch, sie macht sich so klein, dass die Machthaber in Peking jegliche Achtung vor den Europäern verloren haben. Der Westen mag im Niedergang sein. Doch Niedergang ist Schuld. Eine Zivilisation kann an nichts anderem zugrunde gehen als an sich selbst.

Hongkonger sind ein Gewinn für die westliche Welt

Die Europäische Union ist wohl zu schwach, auch nur eine einzige Fregatte vor die Küste Chinas zu entsenden. Dennoch ist sie noch immer stark genug, Peking zu verdeutlichen, dass jeder Schritt wehtun kann, den das totalitäre Regime in Richtung Hongkong tut. Wenn die EU als drittstärkste Wirtschaftsmacht der Erde der zweitstärksten mit Wirtschaftssanktionen droht, werden sich die roten Machthaber in Peking viermal überlegen, Hongkong zu verschlingen – zumal in einer Zeit, in der sie im Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten stehen.

Damit nicht genug, die EU besitzt auch politische Waffen: Sollte die Volksrepublik nicht einmal in der Lage sein, die garantierte Teilunabhängigkeit Hongkongs dem Vertrag gemäß zu erdulden, dann sähe sich Europa gezwungen, diplomatische Beziehungen zu Taiwan aufzunehmen und den Dalai Lama als Tibets Staatsoberhaupt anzuerkennen.

Was die Hongkonger angeht, so sollte Europa sie wie die russischen Juden in den Siebziger- und Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts behandeln. Sie sollten den Status von Kontingentflüchtlingen erhalten – mit dem Versprechen, ihnen umgehend die Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Der Freiheitsdrang und der Mut der Bevölkerung von Hongkong lassen keinen Zweifel zu: Solche Menschen sind ein Gewinn für Europa, für Deutschland, für die westliche Welt.

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They should receive the status of quota refugees - with the promise to get them citizenship immediately

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